- Warum digitale Souveränität zählt
- Lock-ins als Risiko
- Wo Europa schon heute vorne liegt
- Maßgeschneiderte Software als Europas großer Vorteil
- So gelingt eine smarte Beschaffung
- Vom Potenzial zur Umsetzung
Digitale Souveränität heißt Freiheit. Und diese Freiheit hängt von Beschaffung ab. Jede Entscheidung – welche Verträge abgeschlossen, welche Partner gewählt werden – prägt direkt Europas Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit.
Warum digitale Souveränität zählt
Europa reagiert empfindlich auf Ereignisse außerhalb seiner Grenzen, auch im digitalen Bereich. Große Störungen haben gezeigt, wie fragil unsere digitalen Grundlagen sein können:
- Der SolarWinds-Angriff: Ein einziger Anbieter, weltweite Folgen, tausende europäische Institutionen betroffen;
- Die Huawei-5G-Verbote: Ganze Länder mussten ihre Infrastruktur unter enormem Aufwand zurückbauen;
- Die Auseinandersetzungen zwischen Meta und der DSGVO: Ein Beweis dafür, was geschieht, wenn Plattformen nicht nach unseren Regeln gebaut werden;
- Exportverbote für KI-Chips: Plötzlich hing Europas Innovationstempo von Entscheidungen anderer Länder ab.
Lock-ins als Risiko
Globale Plattformen wie Microsoft 365 sparen Zeit und Geld. Problematisch wird es, wenn aus Abhängigkeit ein Lock-in entsteht. Ein Wechsel des Anbieters wird zu teuer, Compliance wird andernorts geregelt, und Innovation verlangsamt sich.
Aktuelle Zahlen geben Anlass zur Sorge:
- Der weltweite Softwaremarkt hat heute ein Volumen von über 650 Milliarden US-Dollar und soll bis 2034 auf 1,6 Billionen US-Dollar wachsen. Europas Anteil liegt jedoch bei nur 23 bis 25 Prozent;
- Im Cloud-Bereich halten europäische Anbieter lediglich rund 15 Prozent Marktanteil. Vor wenigen Jahren waren es noch 30 Prozent;
- Selbst die größten europäischen Champions – SAP und Deutsche Telekom – kommen nur auf etwa 2 Prozent;
- Fast 60 Prozent der IT-Organisationen lagern zumindest Teile ihrer Softwareentwicklung aus, oft an Standorte außerhalb Europas;
- Während 80 Prozent der CIOs ein Vendor Lock-in fürchten, verfügen weniger als die Hälfte über Beschaffungsrichtlinien, um es zu vermeiden.
Bei der Wahl eines Dienstleisters, eines KI-Tools oder einer Plattform entscheidet man häufig zwischen einem globalen Giganten und einem deutlich kleineren europäischen Wettbewerber.
Deshalb steht die Beschaffung im Mittelpunkt, wenn es um Europas Freiheit zu innovieren geht. Jeder Vertrag und jede Wahl eines Softwareanbieters bewahrt entweder Flexibilität oder zementiert Abhängigkeiten für Jahre.
Wo Europa schon heute vorne liegt
Europa verfügt bereits über starke Assets. Was fehlt, ist vor allem Skalierung und breite Nutzung. Vier Säulen stechen besonders hervor:
- Infrastruktur und Daten: Viele europäische Cloud-Plattformen erfüllen die höchsten Zertifizierungsstandards, besitzen jedoch nur etwa 15 % Marktanteil. Jede Entscheidung zugunsten europäischer Anbieter trägt dazu bei, das Ökosystem auszubalancieren;
- Compliance: Europa setzt mit der DSGVO, dem Data Act, dem AI Act, der NIS2-Richtlinie und weiteren Regelwerken Maßstäbe. Lösungen, die von Anfang an DSGVO-konform sind, schaffen Vertrauen;
- Cybersicherheit: Nach dem WannaCry-Ransomware-Angriff 2017 hat NIS2 die Sicherheitsanforderungen deutlich erhöht. Die Beschaffung entscheidet weiterhin darüber, ob Organisationen zertifizierte europäische Lösungen einsetzen oder Tools ohne regionale Sicherheitsgarantie kombinieren;
- Software: Europa bietet zahlreiche heimische Alternativen – von Kollaborationstools über Sicherheitsplattformen bis hin zu Analyse- und E-Signatur-Lösungen.
Maßgeschneiderte Software als Europas großer Vorteil
Unser bisher kaum genutztes Potenzial für digitale Souveränität liegt im Software-Talent Europas. Mit über 6 Millionen Entwicklern – dem zweitgrößten Pool weltweit – und einem Markt für maßgeschneiderte Software im Wert von 11 Milliarden US-Dollar, der jährlich um 20 % wächst, lassen sich von Anfang an Lösungen entwickeln, die regulatorische Vorgaben, Sicherheit und branchenspezifische Anforderungen erfüllen.
Warum individuelle Softwareentwicklung für unsere digitale Souveränität wichtig ist:
- Regelkonformität von Anfang an: Europäische Plattformen integrieren Compliance bereits im Design. Ein Beispiel, das die Relevanz verdeutlicht: Bis 2030 müssen alle EU-Bürger elektronischen Zugang zu Gesundheitsakten haben. Ein US-amerikanisches Standardprodukt müsste dafür teuer angepasst werden;
- Vermeidung von Lock-ins: Organisationen behalten die Kontrolle über ihren Code, ihre Datenmodelle und Schnittstellen. Sie sind nicht von Lizenzänderungen, erzwungenen Updates oder überraschenden Ausstiegskosten abhängig;
- Differenzierung und Wettbewerbsvorteil: Von MES-Systemen in der Fertigung bis zu Smart-Grid-Plattformen in der Energieversorgung ermöglichen maßgeschneiderte Lösungen Prozesse, die mit EU-Nachhaltigkeits- und Klimazielen in Einklang stehen;
- Nahtlose Integration und einfacher Anbieterwechsel: Durch offene Standards und APIs lassen sich Partner wechseln, ohne den Betrieb zu stören.
So gelingt eine smarte Beschaffung
Durch strategische Beschaffung kann die digitale Souveränität Europas gestärkt werden:
- Gestaltung von Ausschreibungen nach offenen Standards, Portabilität und EU-Compliance. Dies öffnet Türen für lokale Anbieter;
- Fokus auf Lebenszykluskosten statt Lizenzkosten. So lässt sich der Business Case für maßgeschneiderte Lösungen überzeugend darstellen;
- Mehr Wachstumsspielraum durch Verträge für europäische Softwarehäuser. Damit können sie sich zu globalen Wettbewerbern entwickeln.
„Warum nicht einfach die beste Technologie aus dem Ausland kaufen?“ mag man fragen. „Das Beste von außen nehmen und hierzulande einsetzen.“
Doch es geht nicht darum, jede Lösung eins zu eins zu kopieren. Vielmehr sollten wir uns auf die Bereiche konzentrieren, in denen Kontrolle wirklich zählt:
- Kritische Infrastrukturen (Energie, Verkehr, Verteidigung), bei denen Souveränität unverhandelbar ist;
- Infra- und Datenservices, bei denen der Standort der Daten und Freiheit von Lock-ins langfristige Resilienz bestimmen;
- Software-Logik, denn es ist kritisch, wer den Code schreibt und die Regeln festlegt.
Die versteckten Kosten, wenn dies vernachlässigt wird, sind erheblich:
- Regulatorisches Risiko: DSGVO-Strafen von 20 Mio. € oder 4 % des globalen Umsatzes, oder Verzögerungen durch den AI Act, die Produktlaunches blockieren oder sogar verhindern können;
- Reduzierte Flexibilität: Über 80 % der Unternehmen empfinden den Wechsel von Cloud-Anbietern als zu komplex oder teuer;
- Verpasste Chancen: Die Anpassung ausländischer Systeme an EU-Regeln kostet die Chance, Compliance in einen globalen Wettbewerbsvorteil zu verwandeln.
Vom Potenzial zur Umsetzung
Wie gut ist Ihr Unternehmen darauf vorbereitet, digital eigenständig zu handeln? Ein kurzer Selbstcheck hilft Ihnen, den aktuellen Stand einzuschätzen. Laden Sie hier unser praxisnahes Tool herunter (auf Englisch):
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Die Gesetze sind verabschiedet. Die Technologie ist vorhanden. Die besten Talente sind vor Ort. Jetzt ist es an der Zeit, diese Freiheit gemeinsam zu gestalten.
